Die vermehrte Energierzeugung aus erneuerbaren Quellen wie Photovoltaik oder Windkraft stellt neue Herausforderugnen an die Erzeugung, Übertragung, Speicherung und Umsetzung elektrischer Energie. Wie können wir die Speicherkapazitäten für elektrische Energie erhöhen? Und welche Alternativen gibt es zu herkömmlichen Übertragungswegen von Strom? Antworten auf diese und andere zukunftsweisenden Fragen erhalten Sie an der «Scientifica 2011».
In der Energieversorgung der Zukunft wird der Photovoltaik ein grosses Potential prognostiziert. Sie ist umweltfreundlich und steht nicht in Konkurrenz mit anderen Interessen, da bereits überbaute Flächen oder Wüstengebiete genutzt werden können.
Ein Bruchteil der unfruchtbaren Wüstenfläche der Erde würde ausreichen um den gesamten Primärenergiebedarf der Weltbevölkerung zu decken.
Ein Solarmodul erzeugt in unseren Breitengraden typischerweise ca. 100-150 kWh elektrische Energie pro Jahr und Quadratmeter. Heute kostet die Herstellung pro Quadratmeter Solarmodulfläche bestenfalls ca. 80 $. Zusätzlich zu den Modulkosten fällt vor allem die Installation inkl. Wechselrichter ins Gewicht. Hinzu kommt noch Stromübertragung und -speicherung (siehe weiter unten).
Die EMPA Forschungsgruppe für Dünnschicht und Photovoltaik entwickelt Technologien um kostengünstige, hocheffiziente Solarmodule auf billigen und leichten Trägermaterialien herzustellen. Auf flexibler Plastikfolie konnte bereits ein Wirkungsgradrekord von 18.7% erreicht werden.
Neben der Entwicklung von kostengünstigen energiesparenden Verfahren wird auch an neuen Verbindungshalbleitern geforscht, welche in Zukunft evtl. noch effizientere und günstigere Solarmodule ermöglichen.
Prof. Ayodhya Tiwari
Laboratory for Thin Films and Photovoltaics, Empa
www.empa.ch
Egal wie die elektrische Energie erzeugt wird, sie muss vom Erzeuger bis zum Endverbraucher transportiert werden. Da in Zukunft verstärkt erneuerbare Erzeuger, wie z.B. offshore-Windparks, eingesetzt werden und die Küsten Europas in der Regel einige hundert Kilometer von den grossen Städten entfernt liegen, sind die Transportwege viel grösser als heute. Wir brauchen eine massive Stärkung der Übertragungskapazität.
Die Einbindung grosser Mengen erneuerbarer Energiequellen mit fluktuierender Einspeisung und grossen Distanzen zu den Lastzentren erzwingen eine massive Stärkung der Übertragungskapazität. Da dem Ausbau von Wechselstrom-Freileitungen durch die öffentliche Meinung starke Grenzen gesetzt sind, muss die Forschung nach Alternativen suchen. Am High Voltage Laboratory der ETH Zürich forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Bereich der Gleichstrom-Übertragungsnetze («Supergrids»), des Umrüstens bestehender Freileitungen hin zu mehr Übertragungskapazität («hybride Leitung») oder der «wetterabhängigen Auslastung» bestehender Leitungen.
Prof. Christian M. Franck
High Voltage Laboratory
www.eeh.ee.ethz.ch
Erneuerbare Energien wie Wind- oder Solarenergie unterliegen starken Schwankungen bei der Erzeugung, da der Wind nicht konstant weht oder die Sonneneinstrahlung von Tageszeit und Wetter abhängig ist. Damit dem Verbraucher unabhängig von diesen Schwankungen die gewünschte Energie zur Verfügung steht, werden in Zukunft vermehrt Energiespeicher benötigt. Heutzutage werden solche Speicher häufig durch Pumpspeicherkraftwerke realisiert. Da diese nur an geeigneten Orten errichtet werden können, ist das Potenzial dieser Technologie sehr limitiert und nicht ausreichend, um zukünftig eine sichere Energieversorgung zu ermöglichen.
Um zukünftig die Speicherkapazität für elektrische Energie zu erhöhen und damit die Energieversorgung zu stabilisieren sowie die Übertragungsleitungen zu entlasten, benötigt es neue Ansätze für die Speicherung. Eine flexible Möglichkeit bieten Batteriespeicher, die dezentral an geeigneten Stellen platziert werden können. Diese Technologie bietet eine hohe Dynamik und führt zu sehr platzsparenden Lösungen. Im Rahmen der Forschung an der Professur für Hochleistungselektronik (HPE) der ETH Zürich wird untersucht, wie solche Speicher mit einem sehr hohen Wirkungsgrad und minimalem Einsatz an Rohstoffen realisiert werden können. Weiterhin werden Methoden erforscht, welche die Speicher möglichst zuverlässig und langlebig machen.
Die Energiedichte von elektrischen Batterien ist aktuell noch um ein Vielfaches kleiner als die Energiedichte von fossilen Brennstoffen wie z.B. Benzin. Dies führt dazu, dass bei vernünftigem Volumen und Gewicht der Batterie im Elektroauto die Reichweite zurzeit auf ca. 100-200km limitiert ist. Zum Laden der Batteriespeicher benötigt man bei gegenwärtigen Fahrzeugen im Normalfall mehrere Stunden. Mit den neusten Schnell-Ladesystemen kann diese Zeit auf unter 1h reduziert werden. Dies ist in vielen Fällen immer noch zu lange, um durch einen einfaches Aufladen der Batterie in einer Fahrtpause die Reichweite signifikant zu erweitern.
Mit einer Reduktion der Batterieladezeit auf rund 5 Minuten ergibt sich die Möglichkeit, das Fahrzeug in einer kurzen Pause aufzuladen und so die Reichweite im Prinzip beliebig zu erhöhen. Allerdings wird für dieses ultraschnelle Laden eine sehr hohe Ladeleistung benötigt, die in vielen Fällen nicht direkt vom Stromnetz entnommen werden kann.
Deshalb wird am Institut für Hochleistungselektronik (HPE) der ETH Zürich der Einsatz von stationären Energiespeichern in Ladestationen untersucht, welche die benötigte Energie für eine Schnellladung lokal zur Verfügung stellen können. Zusätzlich wird die Möglichkeit der lokalen Energiespeicherung zur Entlastung und zum Ausgleich von Schwankungen des Energieverteilnetzes betrachtet. Weiterhin erlaubt das Konzept ein einfaches Anschliessen von erneuerbaren Energiequellen wie z.B. Solarmodulen, so dass in diesem Fall direkt die Sonnenenergie zum «Tanken» verwendet werden kann.
Prof. Juergen Biela
Laboratory for High Power Electronic Systems
www.hpe.ee.ethz.ch
Windmühlen erzeugen elektrische Energie mit variabler Frequenz und Spannung. Für die Einspeisung in das elektrische Versorgungsnetz muss daher zwingend eine Umformung auf konstante Frequenz und Spannung durch leistungselektronische Konverter erfolgen. Gleiches gilt für Photovoltaik, wo Gleichspannung in Wechselspannung umzusetzen ist. Wie für die Quellen ist auch für Verbraucher moderner industrieller Systeme i.a. eine hochgenaue Konditionierung des elektrischen Leistungsflusses, wieder realisierbar mittels leistungselektronsicher Konverter, unverzichtbar.
Die hochdynamische, hochpräzise und extrem zuverlässige Konditionierung / Codierung von Energie- und Informationsflüssen ist also für hochtechnisierte Gesellschaften von grundlegender Bedeutung. Leistungselektronische Konverter weisen demnach eine extreme Anwendungsbreite auf und müssen im Sinne flexibler Einsetzbarkeit und Ressourcenschonung höchste Effizienz und Baugrössenanforderungen erfüllen.
Beispiele finden sich in der Drehzahlregelung von Antriebsmotoren industrieller Fertigungsautomaten, Schweissrobotern, Datenverarbeitungsanlagen und darüber hinaus in allen Bereichen des täglichen Lebens, wie auch der Elektromobilität.
Die Professur für Leistungselektronische Systeme erforscht neue Konvertersysteme wie auch elektromechanische Energiewandler und hat kürzlich z.B. einen Photovoltaik-Wechselrichter mit Weltrekordeffizienz vorgestellt. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt sind mechatronische Systeme, z.B. für die Medizintechnik, Halbleiterindustrie und Biotechnologie, wo die reibungsfreie magnetische Lagerung bewegter Teile erlaubt höchste Reinheitsanforderungen zu erfüllen oder extreme Drehzahlen – kürzlich wurde eine Weltrektorddrehzahl von über 1 Million Umdrehungen pro Minute erreicht – das Bauvolumen signifikant verkleinern und neue Anwendungen erschliessen.
Prof. Dr. Johann Kolar
Power Electronic Systems Laboratory
www.pes.ee.ethz.ch
Prof. Jürgen Biela
Daniel Christen
Felix Jauch
Prof. Christian Franck
Myriam Koch
Sedat Adili
Michael Strobach
Prof. Johann Kolar
Prof. Ayodhya N. Tiwari
Julian Perrenoud
Christina Gretener
Caroline Fella
Lukas Kranz