Blick in die Komponistenwerkstatt

Prof. Dr. Inga Mai Groote, Dr. Louis Delpech, Franziska Reich M.A., Musikwissenschaftliches Institut, UZH

Ein Komponist arbeitet einen Einfall aus und hinterlässt das Werk in einer geschriebenen oder gedruckten Partitur, sodass es jederzeit von Musikern aufgeführt werden kann – oder? Diese Vorstellung erweist sich in der Realität oft als falsch und die Überlieferung von Musikwerken als sehr problematisch. Zu den berühmtesten Beispielen gehören Werke, die vom Komponisten nicht fertig gestellt wurden: Anton Bruckners 9. Symphonie, Gustav Mahlers 10. und Franz Schuberts «Unvollendete». Die musikwissenschaftliche Forschung ist in der Beschäftigung mit Notenhandschriften fortwährend mit Lücken, Ungenauigkeiten und Mehrdeutigkeiten konfrontiert. Editionsphilologen hat dies in der Vergangenheit zu kühnen Vervollständigungsversuchen getrieben. Gerade fragmentarische Handschriften, Entwürfe und Skizzen können uns jedoch Einblicke in die Werkstatt eines Komponisten gewähren. Wir zeigen, mit welchen Methoden heute in der philologischen Arbeit Erkenntnisse zu künstlerischen Arbeitsprozessen gewonnen werden.