Lügen und Ausreden erkennen mit dem Textmikroskop

Prof. Dr. phil. Henriette Haas, UZH

Wenn jemand einen Text verfasst, der ein ihm wichtiges Anliegen enthält (z.B. ein Bewerbungsschreiben, eine Stellungnahme, anonyme Briefe, Abschiedsbriefe, Drohungen), gibt er unweigerlich sehr viel mehr von sich preis, als er meint. Das konsequente Verstellen des eigenen Sprachprofils, der Gedanken und der Motive ist nämlich nahezu unmöglich. Textanalyse fördert alle Ungereimtheiten und Auslassungen in Aussagen zu Tage und liefert Indizien zu dem, was allenfalls verheimlicht werden sollte. Die Analyse selber ist aber meistens noch kein Beweis, sondern sie ergibt Material für Fragen, mit denen man jemandem auf den Zahn fühlen kann. Wir stellen die experimentell überprüfte Methode mit fünf Regeln an Beispielen vor: einen Erpresserbrief, einen Satz aus einem Lebensrückblick und eine Sequenz aus einer Abdankung.